Ohne echte Augenhöhe versinkt „Employer Branding“ oft im Image-Sumpf

Als Tim Ambler und Simon Barrow 1996 im „Journal of Brand Management“ einen Artikel veröffentlichten, dem eine Befragung von 27 Top-Verantwortlichen britischer Unternehmen u. a. über die Bedeutung der Marke im HR-Kontext zugrunde lag, prägten sie nicht nur den Begriff des „Employer Branding“. Sie gaben gewissermaßen die Steilvorlage für die heute oft verbreitete Intention, vor allem mit Mitteln der Marketing-Kommunikation ein Bild der Organisation aufzubauen, das auf potentielle Arbeitnehmer anziehend und auf vorhandene bindend wirken soll.

 

Zwischenzeitlich gibt es strategische Ansätze, die deutlich breiter aufgestellt sind und unterschiedliche interne und externe Handlungsfelder abzudecken versuchen. Eine Vielzahl von Dienstleistern, Bildungsträgern und nicht zuletzt HR-Profis ist unterwegs, um dies immer weiter zu differenzieren. Dass unglaubwürdig wirkende Modelle von prototypischen, nicht existenten Arbeitnehmern ein ebenso unglaubwürdiges Bild von irgendwelchen „Traumjobs“ stilisieren, ist dennoch oft gängige Praxis.

 

Wenn Ambler und Barrow bereits von „trust and commitment“ sprachen, kann es nicht um klischeehafte Images gehen, die über Arbeitgebern und Arbeitsplätzen ausgebreitet werden. Und wenn das Bild des Kunden (zumindest theoretisch) heute weg vom gleichgeschalteten und -gestalteten Konsumenten hin zum Individuum geht, muss dies für Arbeitnehmer wohl genauso gelten. Geht es also um eine Auseinandersetzung mit den Anliegen und Interessen von Beschäftigten und Organisation auf „Augenhöhe“?

 

Für manche mag das abgedroschen klingen und nach einer Kuschelkultur riechen, die zu realen Leistungsansprüchen nicht passt. Für andere Wirklichkeiten gibt es genügend Beispiele (siehe u. a.: augenhoehe-film.de). Vielleicht führt bereits die Bezeichnung „Employer brand“ in die Irre – sollte es nicht besser „Employee brand“ heißen? Im Harvard Business Manager 12/2014 wird zu einer „Neubewertung des Begriffs“ ermuntert. Mitarbeiter seien eben keine Kunden, heißt es dort, und (sinngemäß), dass es an echter Kommunikation oft mangelt.

 

Bezeichnung hin oder her – entscheidend scheint die Haltung zu sein, die von einer Organisation bzw. einem Unternehmen ausgeht. Sind Grundwerte verankert und nach innen und außen erkennbar? Werden beschäftigte Menschen mit ihren Potentialen und Präferenzen wahrgenommen, können diese mit übergeordneten Zielen und Leistungsansprüchen korrespondieren? Sind Konzepte zur Personalentwicklung darauf ausgerichtet oder, falls überhaupt vorhanden, im tayloristischen Sinn auf die Verbesserung von Funktionalitäten? 

 

Wenn die Substanz stimmt, braucht es keine geschönten Bilder. In Zeiten sozialer Medien, von Kununu.com etc. erreichen die Informationen ihre Adressaten, die für diese relevant sind. Wenn es dagegen an der Augenhöhe mangelt, kann auch die „Employer brand“ nur im Blindflug umherirren – ob den Verantwortlichen dies gefällt oder nicht.